Rückschau – NachfolgeWerk Forum: „Unternehmensnachfolge – neue Wege für traditionsreiche Branchen“
Unsere kürzliche Veranstaltung legte ihren Schwerpunkt auf die Unternehmensnachfolge in ländlichen Räumen. Nicht zuletzt aufgrund der nahenden Advents- und Weihnachtszeit wollten wir die Unternehmen und Branchen des Erzgebirges besonders in den Blick nehmen.
Dafür haben wir uns kompetente Partner und Gäste eingeladen. Mit einem spannenden Impulsvortrag und einer anschließenden Podiumsdiskussion war das ein Abend voller Informationen zum Thema Nachfolge und einen intensiven Austausch zwischen Übergebenden, Nachfolgeinteressierten und Netzwerkpartnern.
Den Auftakt zur Veranstaltung machte Richard Schwarz, Geschäftsführer von „Die Erfolgsvermittler“ mit seinem Impulsvortrag. Als erfahrener Begleiter von Unternehmensnachfolgen kennt er die Besonderheiten, die mit Unternehmensübergaben in Regionen mit einer überwiegend kleinteiligen Unternehmensstruktur verbunden sind. Seine Ausführungen gaben Teilnehmenden wertvolle Hinweise an die Hand. Dabei zeigte sich, wie komplex und hochindividuell eine Nachfolge ist. Wichtig ist es deshalb, frühzeitig und mit Weitblick, den Generationenwechsel vorzubereiten und sich dabei nicht zu scheuen, die vielfältigen Unterstützungsangebote zu nutzen.
Wichtige Kernaussagen des Vortrages waren deshalb:
- Eine langfristige Planung ermöglicht es, die Optionen ohne zeitlichen Druck zu prüfen und den Schritt gut vorbereitet anzugehen.
- Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens erhöhen die Übergabefähigkeit (z.B. digitale Transformation)
- Schrittweise Übertragung von Verantwortung an eine zweite Führungsebene oder zentrale Mitarbeiter
- Unterstützer und Begleiter des Nachfolgeprozesses sind ein wichtiger Baustein für einen erfolgreichen Generationenwechsel. Ein von Fachexperten begleiteter Prozess verläuft oftmals deutlich effektiver.
Bezogen auf den ländlichen Raum entstehen im Zusammenhang mit einer geplanten Nachfolge zum Teil weitere Herausforderungen, die für Nachfolgeinteressierte von besonderer Bedeutung sind. Dies betrifft beispielsweise die manchmal konservative Einstellung, die erzgebirgische Mentalität und damit verbundene manchmal fehlende Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Themen, Innovationen und Veränderungsprozessen.
Die Podiumsdiskussion des Abends konnte diese Themen aufgreifen und nochmals weiter vertiefen. Im Zentrum der Diskussion stand das „Ankommen im Erzgebirge“. Dabei wurden ländliche Räume als „attraktive Orte zum Leben und Arbeiten“ thematisiert. Denn mit einer Unternehmensnachfolge ist oft auch der Aufbau eines neuen Lebensmittelpunktes verbunden, und auch das hält – gerade mit Blick auf eine tief regional verwurzelte örtliche Gemeinschaft – einige Herausforderungen bereit.
Neben Herrn Schwarz, stellten sich Wolfgang Braun von der Denkstatt Erzgebirge in Seiffen, Maria Seifert von der Textilmanufaktur Seifert UG in Eibenstock sowie Jan Kammerl von der Wirtschaftsförderung Erzgebirge den Fragen des NachfolgeWerks.
Maria Seifert hat 2019 die Textilmanufaktur übernommen und kennt die Schwierigkeiten, die mit dem Ankommen im Erzgebirge verbunden waren. Viele Steine waren aus dem Weg zu räumen und viel Überzeugungsarbeit war zu leisten, um die Skepsis und Zurückhaltung gegenüber ihren Ideen abzubauen. Mit einer Menge Mut und Tatkraft, hat sie in den letzten vier Jahren ihre Visionen von einer nachhaltigen und fairen Textilproduktion im Erzgebirge Schritt für Schritt Wirklichkeit werden lassen. Viel Durchhaltevermögen war hierfür notwendig – und eigentlich hat sie im Rückblick viel zu wenig Unterstützung für diese Aufgabe erhalten. Das lag zum Teil daran, dass die Übernahme innerhalb eines sehr kurzen Zeitrahmens realisiert wurde. Zum Teil lag es aber auch an fehlenden Strukturen und etablierten Rahmen- und Unterstützungsbedingungen, die solche Prozesse begleiten sollten. Vor diesem Hintergrund bleibt auch insgesamt ein kritisches Fazit. Zwar ist Frau Seifert heute „Angekommen“ und sehr zufrieden mit dem, was sie schaffen konnte. „Es ist ein Herzensprojekt, die Textilmanufaktur fortzuführen und weiterzuentwickeln.“ Zugleich bleibt aber der Eindruck, wieviel Kraft das gekostet hat und immer noch kostet.
Ähnliche Erfahrungen kennen die Macher der Denkstatt Erzgebirge, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die Zukunft des Erzgebirges neu zu denken, in dem sie junge Künstler und Holzgestalter einladen, das Erzgebirge mit seinen Traditionen kennenzulernen. Ein vielversprechender Ansatz, Tradition und Innovation, in ländlichen Räumen zusammenzuführen. Denn die Nachfolge – gerade in der Branche der Holzkunst – bleibt eine gewaltige Aufgabe für das Erzgebirge. So gibt es weit über 100 aktive Betriebe im Bereich des Kunsthandwerks und der Spielzeugmacher. Und das ist ein Erfahrungsschatz, der nicht verloren gehen darf. Es kann eine Chance sein, Fach- und Führungskräfte mit enger Verwurzlung zum Handwerk zu gewinnen, die, womöglich gemeinsam mit jungen kreativen und gestaltenden Köpfen, die traditionellen Betriebe fortführen können. Die Frage dabei bleibt: Wie können neue Ideen, insbesondere auch in den Bereichen Design, Marketing und Vertrieb in den traditionell arbeitenden Unternehmen Einzug finden? Und wie können die Betriebe im Erzgebirge so auch ein attraktiver Arbeits- und Lebensort für junge Menschen und ihre Familien werden?
Dafür ist es wichtig, neuen Ideen gegenüber aufgeschlossen zu sein, neuen Ideen ihren Raum zu geben und junge Menschen mit offenen Herzen zu empfangen. Dies fehlt manchmal. Dies aber zu unterstützen, daran arbeitet die Denkstatt Erzgebirge. Auch die Wirtschaftsförderung Erzgebirge ist nah dran an diesem Thema, wie man Ankommenden und Rückkehrern, das „Ankommen im Erzgebirge“ erleichtern kann.
Jan Kammerl von der Wirtschaftsförderung Erzgebirge sieht Herausforderungen der Unternehmensnachfolge aber gar nicht nur im „Ankommen“, sondern vor allem in einer derzeit sinkenden Attraktivität des „Selbstständig seins“. Die Möglichkeiten und berufliche Perspektiven junger Menschen seien heute sehr vielfältig, das finanzielle Risiko und die persönliche Verantwortung einer Nachfolge sei dagegen vergleichsweise hoch. Er wirbt dafür, junge Generationen zu ermutigen, neue Perspektiven in der Heimatregion zu suchen – die eben auch in der Übernahme eines kleineren Handwerksbetriebes im Erzgebirge liegen können. Denn das Handwerk und die damit verbundenen Traditionen sind wichtiger Teil der Identität ländlicher Regionen. Große Hoffnungen verbindet er deshalb mit dem Generationswechsel in den kommenden Jahren, um Offenheit und notwendige Innovationen im Erzgebirge ankommen zu lassen. Tolle Beispiele dafür gibt es in der Region genügend – diese nach außen zu tragen und zu kommunizieren ist ein wesentlicher Teil der täglichen Arbeit von Jan Kammerl. Das Regionalmanagement des Erzgebirges ist preisgekrönt. Den Spot dazu kennt wohl inzwischen jeder in der Region.